Gegen die drohende Spaltung unserer Gesellschaft können wir nur gemeinsam einstehen

Artikel 13.11.2023

Eine Gemeinsame Erklärung zum Krieg in Israel und Gaza 


Noch immer lähmt uns Entsetzen und der Schock angesichts des pogromartigen, antisemitischen und frau-
enverachtenden Terrors gegen unschuldige israelische Zivilist*innen am 7. Oktober und die dadurch bereits
entfesselte Spirale der Gewalt. Die fehlende Aussicht auf eine baldige gewaltlose Lösung des Konflikts zwischen
Israelis und Palästinensern verursacht bei vielen Menschen auf beiden Seiten des Zauns und ihren Angehöri-
gen und Freunden Gefühle von Ohnmacht, Verzweiflung und Wut. Inmitten dieses Irrsinns möchten wir ein
gemeinsames Zeichen für Gewaltlosigkeit, Humanität und Heilung setzen.

Der Konflikt wird bereits auch auf den Straßen der Welt, vor allem aber in den Echokammern der sozialen
Medien ausgetragen. Die Kampfhandlungen werden begleitet von einem medialen „Krieg der Bilder“. Dieser
Krieg der Bilder ist Teil des Kalküls der terroristischen Hamas. Menschen sollen emotionalisiert und zum Hass
auf Andere angestachelt werden. Der Konflikt soll als Auseinandersetzung zwischen Muslim*innen und Nicht-
Muslim*innen wahrgenommen werden. Das unweigerliche Ansteigen von antimuslimischem Rassismus – so
ist es immer, wenn vorgeblich im Namen des Islam Terroranschläge verübt werden – wird bewusst in Kauf ge-
nommen, ja es ist geradezu ein strategisches Ziel der Hamas und ihrer ideologischen Verwandten.

Damit dürfen sie keinen Erfolg haben! Wir fordern alle Menschen auf, die sich emotional vom Konflikt und dem
aktuellen Ausbruch der Gewalt betroffen fühlen, weiterhin (und jetzt erst Recht!) das Gespräch miteinander
zu suchen und sich nicht spalten und gegeneinander aufhetzen zu lassen.

Die Zukunft der israelischen Regierung, allen voran die von Premier Netanyahu, wird in Israel offen diskutiert.
Viele sehen ihn und seine rechte Regierung in der (Mit-)Verantwortung für diese Entwicklung und diese Es-
kalation der Gewalt. Die nächsten Wahlen werden über ihr Schicksal entscheiden. Die israelische Gesellschaft
befindet sich an einem Scheideweg. Dazu gehört auch die Frage, ob die Antwort auf den Terror internationales
Recht respektiert oder den Weg kollektiver Bestrafung geht.

Die Palästinenser*innen im Gazastreifen dagegen haben schon seit Langem keine Möglichkeit, selbst über ihr Schick-
sal zu entscheiden und sind auf Solidarität und Versorgung von außen angewiesen. Die Bevölkerung des
Gazastreifens hat deshalb jede Solidarität verdient und diese äußern zu können, darf nicht automatisch mit
Antisemitismus gleichgesetzt werden. Solidarisch sein mit dem berechtigten Wunsch der Palästinenser nach
Selbstbestimmung und einem Leben in Sicherheit und Würde darf aber nicht bedeuten, den Terror der Hamas
in irgendeiner Weise zu legitimieren. Es muss jetzt für alle klar sein, dass die totalitäre Hamas nicht Teil dieser
Bewegung für gleiche Rechte aller Menschen in der Region sein kann. Israelis und Palästinenser*innen werden
auch weiterhin Seite an Seite in der Region leben und es kann nur dann eine Zukunft für beide Seiten geben,
wenn nicht länger die Fantasie der Eliminierung des anderen das Handeln bestimmt.

Antisemitismus ist eine reale Bedrohung jüdischen Lebens – und die sich bereits abzeichnende neue Welle
judenfeindlicher Verschwörungsfantasien bereitet uns große Sorgen. Aber weder kann Antisemitismus mit
antimuslimischem Rassismus begegnet werden. Noch darf der Rassismus in unserer Gesellschaft als Recht-
fertigung missbraucht werden, der grassierenden Terrorpropaganda aufzusitzen.


Wir wissen, dass auf den Dialog in unserer diversen Gesellschaft neue, schwierige Herausforderungen zukom-
men. Aber gegen die drohende Spaltung unserer Gesellschaft können wir nur gemeinsam einstehen. Hier wie
dort.

Prof. Dr. Zekirija Sejdini                 (Institut für Islamische Theologie und Religionspädagogik, Universität Innsbruck)

Dr. Hanno Loewy                             (Jüdisches Museum Hohenems)

Dipl.-Pol. Arnon Hampe                 (#OhneAngstVerschiedenSein)

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