Sport und körperliche Gesundheit im Islam

Artikel 02.11.2021 Redaktionsteam

Dieser Beitrag befasst sich mit dem Thema Sport und körperliche Gesundheit aus islamischer Perspektive. Dabei wird zunächst allgemein auf die Gesundheit im Islam sowie den Aspekt der Gesundheit als anvertrautes Gut (amana) eingegangen. Weiters werden die Bedeutung des Sports im Islam aufgezeigt und Sportarten vorgestellt, die in Hadithen vorkommen und zur Zeit des Propheten beliebt waren.


Was bedeutet Gesundheit im Islam?

Koran und Hadithe geben detaillierte Anweisungen zum Umgang mit dem Körper. Mithin schenkt der Koran auch dem physischen Zustand des Menschen große Aufmerksamkeit. Respekt gegenüber dem Körper und der Seele bilden die Basis der islamischen Ethik. Geistige und körperliche Belange sind dabei gleich wichtig – die körperliche Gesundheit dient nämlich als Vorbedingung für die psychische Gesundheit.1 Ziel ist eine Harmonie zwischen intellektuellen Bemühungen, welche die Seele erleuchten lassen, und physischen Aktivitäten, welche den Körper stärken sollen.2
Im Islam gilt ein gesundes Leben als ein Grundkonzept, welches für weitere wichtige Funktionen im Leben notwendig ist. Gläubige sollten demnach auf ihre spirituelle, emotionale und körperliche Gesundheit achten. Dazu gibt es verschiedene Mittel, wie eine gesunde Ernährung sowie körperliche Bewegung. Außerdem erfordern drei der sogenannten fünf Säulen des Islams Gesundheit und Leistungsfähigkeit beim Menschen. Die tägliche Verrichtung der fünf Gebete ist aufgrund der damit verbundenen Bewegungen sogar selbst eine Form der Körperübung und die Konzentration im Gebet führt idealerweise zu Erleichterung bei mentalem Stress. Gesundheit ist zudem eine grundlegende Voraussetzung, wenn man beabsichtigt, im Monat Ramadan zu fasten. Ein weiterer Aspekt ist die Pilgerfahrt, die eine hohe körperliche Belastung darstellt, weswegen ein gesundes Wohlbefinden unerlässlich ist.3

Gesundheit als anvertrautes Gut (amana)

Unter amana versteht man im Arabischen Vertrauenswürdigkeit, das Anvertraute oder die Verantwortung Allah gegenüber. Dass Muslime vertrauenswürdig sein sollen, lässt sich ausfolgendem Koranvers ableiten: „Siehe, Gott gebietet euch alles, was euch anvertraut worden ist, denjenigen auszuhändigen, die darauf Anspruch haben, und immer, wenn ihr zwischen Leuten richtet, mit Gerechtigkeit zu richten. Wahrlich, höchst vortrefflich ist, was Gott euch zu tun ermahnt: wahrlich, Gott ist allhörend, allsehend!“4
Der Mensch besitzt also eine Verantwortung für seinen Körper und seine Gesundheit, denn diese wurden ihm von Gott anvertraut. Daher sollten sie nicht missbraucht oder vernachlässigt, sondern in gutem Zustand erhalten werden.
Susann Uckan beschreibt in ihrem Ratgeber „Fitness und Gesundheit. Unser Körper – eine Amana“ das amana-Prinzip5 wie folgt: „Unser Körper ist eine Leihgabe Allahs, den wir pflegen müssen, damit am Tag des Jüngsten Gerichts dieser positiv über uns berichten kann. Wenn man sich etwas ausleiht, dann gibt man es im besten Zustand zurück und nun stell dir vor: diesen Körper hast du dir von Allah ausgeliehen. Willst du ihn löchrig, zerrissen, befleckt mit fehlenden Seiten zurückgeben?“6
Uckans Interpretation umfasst freilich nur einen Bruchteil dessen, was das islamische amana-Konzept ausmacht, worauf an dieser Stelle jedoch nicht näher eingegangen wird.

Die Rolle des Sports im Islam

Wie bereits erwähnt, trägt Sport dazu bei, die eigene Gesundheit aufrecht zu erhalten. In Koran und Hadithen findet man – erwartungsgemäß – keine konkreten Aussagen zu sportlicher Betätigung entsprechend deren heutigem Verständnis und ebenso wenig Verbote bestimmter Sportarten. Erwähnt werden kann jedoch die Empfehlung des Propheten Muhammad, sich die Zeit in drei Abschnitte aufzuteilen. Demnach dienten acht Stunden dem Schlafen, acht Stunden dem Arbeiten und die restlichen acht Stunden waren für Freizeit vorgesehen. Zu dieser Freizeit gehörten die Erziehung der Kinder, das Beten, Aktivitäten mit und innerhalb der Familie sowie das, was wir heute allgemein als Sport bezeichnen.7
Der hohe Stellenwert von Bewegung wird des Weiteren besonders durch die islamische Tradition deutlich, der zufolge Bewegung nicht nur für das Leben, sondern auch für eine Kommunikation mit Allah steht. Indem sich die Menschen mit körperlichen Erfahrungen und Bewegungen und den daraus folgenden Gedanken auseinandersetzen, erfahren sie Gott am eigenen Leib. Es verwundert daher nicht, dass viele religiöse Handlungen im Islam eng mit Bewegung verbunden sind. Für die Verfechter des Frühislams war es zudem wichtig, dass ihnen eine gesunde und physisch wie psychisch starke Generation folgte, die Kämpfe und Krankheiten überstehen konnte. Auch der berühmte islamische Gelehrte al-Ġazālī (gest. 1111) soll gesagt haben, dass Kinder, die Sport betreiben, in ihrer Intelligenz jenen Kindern voraus sind, welche dies nicht tun. Zudem stellte nach arabischer Tradition körperliche Betätigung gemeinsam mit der Kunst des Schreibens– ähnlich wie nach der griechischen Vorstellung – einen Bestandteil ganzheitlicher Bildung dar; Sport würde demnach den Menschen zu einer „kompletten Person“ bilden.
All dies zeigt, dass sportliches Leistungsstreben, auch wenn es nicht mit dem heutigen Leistungssport vergleichbar ist, schon früh existierte und im Islam auch positiv besetzt war.

Sportarten zur Zeit des Propheten Muhammad

In Bezug auf das Thema Sport befassen sich muslimische Rechtsgelehrte teilweise mit der Frage, ob alle heutigen Sportarten für Muslime und Musliminnen erlaubt sind, weil in der prophetischen Tradition nur ein paar seinerzeit bekannte Sportarten genannt werden. Dabei versuchen sie, den Koran für jede Sportart neu auszulegen und teilen die verschiedenen Sportarten in gute und schlechte Sportarten ein. Problematisch wird dies im Kontext der Frage, ob Verse im Koran als allgemeingültig oder nur auf spezielle Gruppen von Menschen bezogen verstanden werden sollen, ob bestimme Koranverse durch spätere aufgehoben wurden und ob bestimmte Hadithe verifiziert werden können. All diese Aspekte führten mit der Zeit zu unterschiedlichen Meinungen unter den Rechtsgelehrten: Konservative Vertreter sind der Ansicht, dass nur die traditionellen Sportarten – damit sind jene gemeint, die vom Propheten erwähnt wurden – für Muslime legitim seien. Andere raten hingegen nicht von allen modernen Sportarten ab, weil diese, ebenso wie die in den Überlieferungen genannten, zur Gesundheit und Fitness der Muslime beitragen würden.8 Inwiefern und welche Art von Sport muslimische Frauen treiben dürfen, ist zusätzlich ein spezielles Thema, das in unterschiedlicher Weise diskutiert wird. Hier spielt besonders die als angemessen beurteilte Kleidung eine Rolle. Diesbezügliche Fragen (und Antworten mit dem Anspruch islamkonform zu sein) findet man in zahlreichen Internetblogs.
In den bedeutendsten Hadith-Sammlungen sind jedenfalls zahlreiche Aktivitäten erwähnt, die heute als Sportarten gelten, wobei die meisten davon vor allem dem Kampf und der Verteidigung dienten. Dazu gehören Fechten, Ringen, Reiten, Jagen, verschiedene Wurfsportarten, Hochspringen und Schwimmen.9

Fazit

Die menschliche Gesundheit ist in allen Religionen von Bedeutung. Auch im Islam wird diesem Aspekt eine wichtige Rolle beigemessen, daher ist das Betreiben von Sport erwünscht, um die eigene Gesundheit zu bewahren. Dabei sollte es keine Rolle spielen, ob diese Sportarten in den islamischen Quellen genannt werden oder nicht. Denn in den Quellen werden natürlich nur jene Sportarten genannt, die zu der damaligen Zeit bekannt waren. Außerdem richtete sich damals der Fokus weniger auf die Gesundheit des Menschen, als vielmehr darauf, sich Fähigkeiten anzueignen, die bei kriegerischen Auseinandersetzungen von Vorteil sein können. Das Bewusstsein für die Bedeutung von Sport zur Erhaltung der Gesundheit ist erst in den letzten Jahrzehnten gestiegen. Daher sind Musliminnen und Muslime gleichermaßen aufgerufen, ihre Gesundheit durch Bewegung und Sport zu stärken, um so ihren Körper, welchen sie von Gott anvertraut bekommen haben, zu schützen und zu bewahren.

1 Vgl. Cornelia Franke: Frauensport im Islam (= Band 26), Würzburg: Ergon Verlag 2016, hier S. 21.

2 Vgl. ebd.

3 Aisha Stacey: Gesundheit im Islam (Teil 4 von 4): Fitness und Bewegung 2012, www.islamreligion.com/de/articles/1904/gesundheit-im-islam-teil-4-von-4/, abgerufen am 06.10.2021.

4 Muhammad Asad [Übers.]: Die Botschaft des Koran. Übersetzung und Kommentar, Ostfildern: Patmos-Verl. 2017, Koran 4:58.

5 Zum amana-Prinzip siehe: Zekirija Sejdini: Grundlagen eines theologiesensiblen und beteiligtenbezogenen Modells islamischer Religionspädagogik und Religionsdidaktik im deutschsprachigen Kontext, in: ÖRF. Österreichisches Religionspädagogisches Forum 23, 2015, S. 21-28; Zekirija Sejdini: Rethinking Islam in Europe. Contemporary Approaches in Islamic Religious Education and Theology, Berlin u. a.: De Gruyter 2022 (in Druck), hier insbesondere Kapitel Foundations of Interreligious Learning from an Islamic Perspective.  

6 Susann Uckan: Fitness und Gesundheit. Unser Körper - eine Amana, epubli 2018, S. 2.

7 Vgl. C. Franke 2016, S. 22.

8 Vgl. ebd., S. 22-24.

9 Islam-ist.de: Sollen Muslim*innen Sport treiben? 2017, islam-ist.de/sollen-muslime-sport-treiben/, abgerufen am 06.10.2021.

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